Gut geplante Veränderungen scheitern oft an den Realitäten der Umstände. Mit ein paar doch recht einfachen Kniffs lässt sich dem jedoch ganz gut entgegenwirken. Der Schlüssel liegt im Kleinen!
Der Post ist in zwei Teile aufgeteilt worden, weil er zu lange geworden ist. Teil 1 beschäftigt sich mit Planung & Vorbereitung. Teil 2 (dieser!) fokussiert sich ergänzend auf Umsetzung & Verfestigung.
Veränderung nachhaltig planen
Gerade Veränderungen am eigenen Verhalten brauchen ein gutes Statt-dessen, damit sie keinen großen Verlust für uns darstellen. Denn selbst der Verlust von schlechten Gewohnheiten ist ein Verlust auf den wir oft mit dem entsprechenden Verhalten generieren. Oder noch blöder, wenn's um Gewohnheiten geht, mit dem Versuch ebenjenen Verlust zu vermeiden.
Die schwierigste Übung besteht daher darin, einen langwierigen Übergang von alt zu neu zu planen, sodass alt und neu ineinander übergehen. Es geht also weniger darum, einen Strich zu machen und neu zu beginnen, stattdessen einen Weg zu definieren, sich Schritt für Schritt dem neuen zu nähern, sodass am Ende das Neue der Status Quo ist.
Konkret bedeutet das, sich viel, viel Zeit für die Veränderung zu nehmen. Dabei meine ich wirklich viel Zeit. Ich rede hier tatsächlich von Jahren. Wachstum braucht nämlich nicht nur Zeit, Nährstoffe, sondern auch die richtigen Umstände. Glück spielt bei jedem Erfolg eine Rolle. Wer alles auf einen Moment setzt, setzt sich der Gefahr aus, dass die Tagesverfassung jenen Moment für sich beansprucht und dann war's schneller vorbei als es begonnen hat.
An einer Schraube schrauben
Eine einfache Empfehlung, die man hier geben kann, ist es in erster Linie nur an einer Schraube schrauben - an einer kleinen. Dieses Prinzip kommt vor allem dann zur Geltung, wenn es um Ernährung und Bewegung geht. Denn in beiden Feldern weiß man, je mehr man weiß, was man denn nicht alles falsch macht und besser machen sollte. Das ist alles schön und gut, wer jedoch alles Unpassende auf einen Schlag ersetzt, der verlangt von sich sehr, sehr viel ab.
Das Prinzip hier ist verblüffend einfach: 1 besser als beim letzten Mal. Alles Weitere ist Fleißaufgabe aber nicht notwendig. Erfolg soll gegeben sein, wenn jene 1 erreicht ist. Die ominöse 1 kann jedoch etwas abstrakt wirken, daher hier ein Beispiel:
M. möchte ihr Essverhalten ändern, vor allem von Süßem wird meistens mehr gegessen mehr als recht ist. Im ersten Schritt hat M. nur mal dokumentiert, was alles so an Süßem zu sich genommen wird. Und jetzt wo sie das vor sich hat, ist sie gar ein wenig überwältigt, denn dass es so viel ist, das war ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht so bewusst. Daher nimmt sie sich vor, abends anstatt einer Tafel Schokolade und zwei Schokoriegel gar nichts Süßes mehr zu essen. Ein Aus der Schleckerei! Ein gesünderes Joghurt muss es stattdessen auch tun.
Hört sich gut und nobel an - und das kann auch gut funktionieren, wenn die Umstände passen, Momentum da ist und man halt auch Glück hat. Wer sich darauf aber nicht verlassen kann, der ist gut beraten, an einer einzelnen Schraube zu drehen, und diese nur um 1 in die richtige Richtung zu drehen.
In diesem Szenario kann man nach diesem Prinzip auf mehrere Arten arbeiten:
- 1 Tag in der Woche geht M. stattdessen mit Freund:innen abends aus, oder lädt sie zu sich ein
- 1 Tag in der Woche gibt es einen Schokoriegel weniger, stattdessen ein kleines Joghurt
- Beim abendlichen Süßen lässt sie 1 Schokoriegel aus
- Beim abendlichen Süßen lässt sie 1 Stück der Tafel Schokolade über
Das Prinzip bleibt gleich: An einem kleinen Bestandteil wird eine kleine Veränderung um einen Schritt vorgenommen. Wie groß die 1 sein kann, hängt von der Sache selbst und von der Person ab. Aber: das beschriebene Szenario ist machbar, aber stellt keine leichte Aufgabe dar. Denn das Joghurt ersetzt eben die Tafel Schoko absolut gar nicht. Und das kommt von 'nem absoluten Joghurt Fan.
Verändert man nur eine Kleinigkeit, so minimiert man das Verlust-Erleben oder kann dem eventuell komplett entgehen. Aber, man gibt sich dann auch so lange wie notwendig, bis die Veränderung Normalität geworden ist. Im besten Fall ein paar Wochen oder Monate. Und erst dann schraubt man an der nächsten kleinen Schraube!
Das Tun selbst ist ein Erfolg
Veränderungen nachhaltig umsetzen ist harte Arbeit. Daher ist es wichtig, Erfolge zu feiern. Zwischentappen als Meilensteine auf dem Weg zu größeren Zielen sind ausschlaggebende Marker der eigenen Leistung.
Es ist oft besonders schwierig, sich Erfolg einzugestehen, vor allem wenn man ja noch nicht ist, wo man sein möchte. Aber als Menschen hat das Feiern von Meilensteine, wie Geburtstagen oder akademischen Abschlüssen auch eine weitere wichtige Funktion, nämlich die Zeit zu würden, die hinter uns liegt, und den neuen Raum anzuerkennen, der nun vor uns steht. Jeder Meilenstein stellt eine Transformation dar und wenn man Veränderung nachhaltig erarbeitet, sind diese Transformationen oft langsam und so klein, dass es leicht ist, zu vergessen, dass man eigentlich gerade monumentales verbringt.
Jeden Fortschritt verfestigen
Aus denselben Gründen ist es ausschlaggebend, einen Weg zu finden, den eigenen Fortschritt zu verfestigen. Dafür gibt es verschiedene Wege und ein bisschen wird das auch vom spezifischen Ziel, das man verfolgt, abhängen. Es ist jedoch immer möglich, eine Excel-Liste oder ein kleines Journal zu führen. Achte dabei jedoch darauf, jenes zu festzuhalten, worin sich eine Verbesserung oder eine Vermehrung äußert.
Ein kleiner Hinweis hier: Es ist verlockend, vor allem wenn es um Essen oder Sport geht, hier mit Soll-Nummern zu arbeiten. Also, so möchte man wenigstens 2 Mal in der Woche Sport machen oder eben das Naschen an spezifischen Tagen sein lassen. Es ist empfehlenswert, jene Soll-Zahl, die auch ihre Berechtigung hat, nicht zu verfestigen. Denn die Umstände gehören zur Realität des Lebens einfach dazu. Verfestige nicht die kleinen "Rückfälle" - es geht nicht darum, ein Logbuch des Versagens zu führen, sondern darum, zu visualisieren und greifbar zu machen, was du geleistet hast.
Vom Rückfall zum Vorfall
Weil eben das Wort jetzt schon gefallen ist, möchte ich eine kleine Anekdote aus dem Beratungs-Studium erzählen. Wir sprachen darüber, wie wir denn mit den Rückfällen von Klient:innen in alte Muster umgehen würden. Und da kam die wunderbare Antwort an uns zurück, dass es so etwas wie Fälle zurück ja gar nicht gäbe. Es gebe lediglich den Fall nach vorne.
Denn: dass man mal auf einem schwierigen und wichtigen Weg fällt, ist zu erwarten. Wie könne also etwas, was man von Anfang an als Teil des Weges ansieht, denn ein Rückfall sein? Eine sehr befreiende Formulierung!
Vorfälle werden immer Teil von Veränderung sein, gerade wenn es um Gewohnheiten geht. Es ist nicht leicht, verfestige Muster zu verändern. Denn es gab ja gute Gründe dafür, diese zu entwickeln. Wir tun gut, mit uns rücksichtsvoll, achtsam und liebevoll umzugehen und uns stets fortschreitend zu sehen. Ein Vorfall muss somit nicht die Macht haben, all unsere Bemühungen dahin zunichtezumachen und die weitere Reise hin zu unseren Zielen zu entgleisen.
Vor 2 1/2 Jahren habe ich mit dem Laufen begonnen. Anfänglich hab ich mir aber lediglich vorgenommen, jeden zweiten Tag einfach zu laufen. Es ging nur darum, es zu tun. Ich wollte sehen, kann ich das überhaupt machen. Und bereits beim zweiten Mal konnte ich weiter laufen als beim ersten Mal. Die Erfolgsmomente stellten sich nach einander ein und heute sehe ich mich als "Sportler" an, denn so gestalte ich meine Freizeit.
Aber von jenem Ausgangspunkt zum heutigen Stand gab es eine Reihe von sehr, sehr kleinen Veränderungen, die sich letztendlich ansammelten und zu einer fundamentalen Umstrukturierung meines gesamten Lebens führten.
Viel Erfolg!
In eigener Sache: Beratung ist ein wunderbares Instrument, um Gewohnheiten nachhaltig zu verändern. Ich würde mich sehr darüber freuen, dich dabei zu unterstützen!